Ich lernte Jost im Jahr 2006 kennen als im ver.di-Bildungszentrum Clara Sahlberg unsere erste literatur-politische Tagung zum 150. Todestag von Heinrich Heine stattfand. Jost hielt einen grandiosen Vortrag „Unter Genossen – Zur Freundschaft zwischen Heine und Marx“. Ich war derart beeindruckt von dem enormen Wissen, das Jost mit seinen wunderbaren Formulierungen vortrug.
Ich hatte das Glück, ihn bis 2019 jedes Jahr erneut im Bildungszentrum zu treffen. Zu jedem Tagungsthema glänzte sein Vortrag. Er hatte so viel zu sagen, zur Literatur, bildenden Kunst, Geschichte, Politik. Das verdeutlichen ein paar seiner Vortragstitel: „Bertolt Brechts Einstellung zu Krieg und Frieden“ (2007), „Imperialistische Stimmungsmache vor 1914“ (2014), „Hoffnungsvoll Gescheiterte. Deutsche Künstler im Exil“ (2016), „Expressionismus als Revolution“ (2018). Ich mochte seine klare Meinung und aufrechte Haltung. Sich mit seinen differenzierenden Gedanken auseinanderzusetzen war jedes Mal herausfordernd, inspirierend – und ein Genuss! Er konnte seine Zuhörer*innen begeistern und in seinen Bann ziehen.
Zugleich strahlte seine herzliche Wärme dort, wo er erschien. Dieser für die Kunst und Literatur leidenschaftlich brennende Professor trat im Bildungszentrum so freundlich, zugewandt, zurückhaltend auf. Gleichzeitig ummantelte ihn eine faszinierende Aura.
„Die Toten schweigen nicht“ – Unter diesem Titel erschien 2010 ein Band mit Brecht-Aufsätzen von Jost. Und ich bin mir sicher, dass auch Du, Jost, nicht schweigen wirst. Zu zahlreich sind Deine Veröffentlichungen, so wertvoll und prägnant Deine Gedanken, die nachwirken werden.
Ich halte ein Buch mit seiner Widmung in den Händen: „Für Herbert – der mir in einem Moment der Verzweiflung so treulich beigestanden hat“. Ich will Dir antworten, lieber Jost: Herzlichen Dank für die zahlreichen und beglückenden Begegnungen, Gespräche und Diskussionen. Du wirst in meinem Leben nicht schweigen…
Herbert Schmidt, ehemaliger Leiter des
ver.di-Bildungszentrums „Clara Sahlberg“ Berlin